Geschichte der St. Johannes Schützengesellschaft bis 1975
Von Gottfried Daum †
Schon lange gehören die großen Schützenfeste in Anrath der Vergangenheit an. Das Schützensilber der Anrather Schützengesellschaften gibt wegen seiner Unvollständigkeit nur noch wenig Zeugnis einer traditionsbewussten Schützengeschichte. Die St. Sebastianusbruderschaft – die älteste Schützenbruderschaft Anraths – verkaufte ihr Königssilber im Jahre 1835 für 61 Taler und 7 Groschen. Auch das Silber der Bürgerschützen (Börgerschützen) besteht nur noch aus einem kleinen Rest von Platten und stelllt keine zusammenhängende Schützenkette mehr dar. Lediglich das Königssilber des „Buure Spell’s“ (St. Johannes Schützengesellschaft Clörath) ist seit dem Jahr 1662, allerdings mit zeitbedingten Lücken, noch vollständig vorhanden und besteht aus einer Kette mit 80 Platten, je im Gewicht von 2 alten Loth (altes deutsches Apothekergewicht – 14,60 bis 17,50 Gramm). Die Motive der Platten bestehen vorwiegend aus der Darstellung von Namensheiligen, von pflügenden Bauern, einige Platten mit Wappen und der Darstellung der Clörather Öl- und Getreidemühle. Die Platten geben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, einen genauen Aufschluss über die Besitzer der alten Höfe, die sich als Schützenkönige namentlich zu erkennen geben. Bis 1887 umfasste der Schtzenbezirk die Honschaftsteile Clörath, Vennheide, Hagwinkel und Giesgesheide sowie den Bruch, soweit er zur Honschaft gehörte. Nach Streitigkeiten wegen der Erhebung des Königsgeldes trennte sich die Gesellschaft in die Schützengesellschaften Clörath und Vennheide, beide behielten den Namen „St. Johannes Schützengesellschaft“.

Die alte Pfarrkirche von Anrath um 1896. Der älteste Teil wird ins 11. Jahrhundert datiert. In dieser Kirche soll ein Taufstein gestanden haben, dessen Alter in das 10. Jahrhundert datiert wurde. 1896/97 wurde die Kirche abgebrochen und die jetzige Kirche nach Fertigstellung 1898 geweiht.

Außer wenigen Hinweisen aus der allgemeinen Heimatgeschichte sind keine älteren Schriftunterlagen über die Schützengesellschaft vorhanden. Ab 1887 ist ein Kassenbuch vorhanden, daß zur Auswertung kam. Evtl. vor diesem Zeitpunkt vorhandene schriftliche Unterlagen gingen verloren. Auch Peter Vander konnte bei der Beschreibung des Spell’s der Schager Heide im Heimatbuch 1963 nicht auf ältere Unterlagen zurückgreifen.
Hier soll versucht werden, die Geschichte des „Buure Spells“ nachzuverfolgen. Deshalb soll die allgemeine Entwicklung der Schützengesellschaft aus einem wehrhaften Bauernverband behandelt werden, denn, daß diese Schützengesellschaft ihre Ursprünge im Wehrverband der Bauern in der Honschaft Unterbruch hatte, daran kann kein Zweifel bestehen.
Für die Erarbeitung dieser Geschichte danke ich den Schützenbrüdern Jakob Schmitter, Franz Grefertz, dem inzwischen verstorbenen Johannes Hegger sowie der Familie Adrian, die den Nachlass der Schützengesellschaft verwahrt.
Der geschichtlichen Darstellung der Schützengesellschaft soll zunächst eine Aufstellung der Schützenkönige vorangestellt werden, mit dem Versuch, deren Herkunft von den einzelnen Höfen festzustellen.
Bei diesem Versuch wurden alte Hofurkunden, die verschiedensten Listen über öffentliche Abgaben und verschiedene heimatkundliche Arbeiten zugrunde gelegt.

Haus Clörath um 1730 – Tuschzeichnung auf Pergament
Im Vordergrund die Getreidemühle (Kreisarchiv Viersen)

Wenn auch die älteste Schützenplatte aus dem Jahre 1662 datiert, so ist die Gründung dieser Gesellschaft in weit früherer Zeit zu suchen. Föhl weist im HB 1963 darauf hin, daß das niederrheinische Schützenwesen seine besondere Prägung in den Jahren 1560 bis 1650 erfuhr, als in den Wirren der Jahre 1570 bis 1590 durch landesherrliche Verordnung das Schützenwesen gestrafft wurde. Die Schützengesellschaften hatten von alters her in ihrem aktiven Gemeinschaftsleben zwei große Aufgaben wahrgenommen. In Zeiten kriegerischer Wirren schützten sie ihre heimatlichen Höfe und die Feldfrucht ihres Schützenbezirkes. In Zeiten des Friedens pflegten sie prunkvolle Aufzüge bei kirchlichen Veranstaltungen und veranstalteten Spiele, wie das Vogelschießen mit allerlei Lustbarkeiten. Auch stand die Pflege des bäuerlichen Brauchtums im Mittelpunkt, soweit es hierfür einen Anlaß gab. Wenn Peter Vander im HB 1963 feststellt, daß vermutet werden könnte, daß es eine Junggesellenvereinigung gewesen sein könnte, dagegen aber die verheirateten Schützenkönige dagegensprechen würden, so hängt dies weitgehend mit der Pflege des Brauchtums zusammen. Die Schützengesellschaft im Unterbruch war die einzige Vereinigung, in der sich das gesellige Gemeinschaftsleben im westlichen Unterbruch abspielte. Bestimmte Aufgaben wurden nur von den Junggesellen wahrgenommen, obwohl sie eine Angelegenheit der gesamten Nachbarschaft waren. Das „Kränzen“ und das „Maibaumstecken“ hat sich aus diesem Brauchtum noch bis heute erhalten.
Sicher hat die Schützengesellschaft schon ihre Anfänge im Truchsessischen Krieg, wo sich allenthalben wehrhafte Bauernschaften zusammentaten, um sich in Nachbarschaftshilfe gegen Plünderungen und Brandschatzungen zu wehren. In diesem Kriege wurde besonders Clörath stark in Mitleidenschaft gezogen.
„Als die in Clörath liegenden Soldaten damals die Bevölkerung der Umgegend hart bedrückten, wurde ihnen am 24. Februar 1586 das Ausfallen, Umherstreifen, Berauben, Festnehmen und Fortschleppen der Einwohner (ausfallen, streuffen, rauben, fangen, hinwegschleifen), sowie die feindselige Behandlung der Geldernschen Orte untersagt.“ (Kricker HB 46)
Auch brauchte die Burg zu Clörath wehrhafte Männer, um die dorthin geflüchtete Landbevölkerung in unruhigen Zeiten zu schützen. Eine besonders schlimme Notzeit hatte die Bevölkerung von Clörath 1642 zu ertragen.
„Nach der Schlacht auf der St. Thöniser Heide zwischen kaiserlichen Truppen und einem französisch-weimarisch-hessischen Heere im Januar 1642 zog ein Teil der siegreichen Hessen und Weimaraner über Anrath nach Clöraih. Die Burg wurde erstürmt, ausgeplündert und in Asche gelegt.“ (Kricker HB 51)
Wahrscheinlich wurden auch alle Ciörather Höfe in Asche gelegt. Ein Fünftel der männlichen Bevölkerung wurde erschlagen. Die Hessen blieben annähernd 10 Jahre im Land und bedrückten die Landbevökerung aufs ärgste. Steuer und Unterhalt der einquartierten Truppen waren derart hoch, daß es zu einer hohen Verschuldung der Höfe kam.

Haus Clörath um 1730 – Tuschzeichnung auf Pergament
Im Hintergrund das Schloss, links die Ölmühle und rechts die Getreidemühle.
(Kreisarchiv Viersen)

„Übergriffe der einquartierten Truppen blieben nicht aus. So begingen 1666 pfalzneuburgische Truppen in Kehn schwere Ausschreitungen. Den Bewohnern des Gietherhofes nahmen sie ihr ganzes Geld ab und schickten sich an, das Gebäude in Brand zu setzen. Da taten sich die Nachbarn, Anrather, Liedberger und Kleinkempener, zusammen, ergriffen die Übeltäter, setzten sie für eine Nacht fest und führten sie am nächsten Tage zur Bestrafung auf Schloß Liedberg.“ (Kricker HB 376)
Auf Grund eines Vertrages im Jahre 1666 zwischen dem Kurfürsten Maximilian von Köln und König Ludwig XIV. von Frankreich kam viel Unheil über unser Land. Über hundert Jahre wurde durch wechselndes Kriegsglück zwischen den kaiserlichen und französischen Truppen unser Land verwüstet, geplündert und gebrandschatzt. Hierbei spielte oft die Niers als natürliche Grenze zwischen Herrschaftsgebieten eine bedeutende Rolle. Dauernde Truppeneinquartierungen und herumstreifende Banden von entlassenen Soldaten bedrückten das Land. Wenn auch gegen große Truppenbewegungen kein Schutz zu bieten war, so konnten die Höfe und Feldfrüchte außerhalb des Dorfes Anrath durch eine wehrhafte Schützengesellschaft gegen herumstreifende Banden in Schutz genommen werden. Zu diesen Zeiten wird die Wehrhaftigkeit der Clörather Bauern mit Sicherheit in der Schützengesellschaft ihre organisatorische Basis gehabt haben.
1678 überquerten die französischen Truppen hei Clörath die Niers und marschierten gegen Kempen. Hierbei wurden die auf den Höfen lagernden Feldfrüchte geraubt; es galt, französische Truppen mit allerlei Abgaben zufriedenzustellen. Trotz der ununterbrochenen Kriegswirren taucht im Jahre 1718 erneut ein Schützenkönig unter dem Rentheber von Neersen und Clörath und Gerichtsschreiber der Herrlichkeit Neersen, Ferdinand Lanck, auf. Gleichzeitig Sekretarus des Herrn von Virmond, war er eine der angesehensten und einflußreichsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Er wachte über den Rechtszustand und über die Verwaltungspraxis der Herrlichkeit Neersen. War es Interesse am wehrhaften Bauernverband der Clörather Schützen oder war es Klugheit von ihm, sein recht schwieriges Amt als Rentheber für Clörath durch die finanzielle Ausgestaltung eines Schützenfestes zu erleichtern? Oder war es Klugheit der Clörather Bauern, sich des Wohlwollens dieser einflußreichen Persönlichkeit zu versichern, uni alte Rechtszustände besser wahren zu können?
Fragen, die wahrscheinlich nie mehr geklärt werden können, da viele alte Aufzeichnungen und Urkunden durch den Einmarsch der Franzosen im Jahre 1794 auf dem Neersener Schloß und in dem Hause des Gerichtsschreibers Molanus vernichtet wurden.
Erstaunlich ist jedoch, daß es in Clörath zu Zeiten, wo vielerorts wegen der Wirren keine Schützenfeste veranstaltet wurden ab 1736 nachweislich des Schützensilbers fast jährlich zu Schützenfesten kam. Demnach kann die Clörather Landbevölkerung nicht so verarmt gewesen sein, um aufwendige Feste zu feiern. Alte Hofurkunden aus dem 18. Jahrhundert bezeugen, daß es den Clörather Bauern keinesfalls an Thalern fehlte, wenn es galt, Land zu erwerben oder Erbberechtigte auszuzahlen. Da die meisten Höfe weitab von der Heeresstraße lagen und von dichtere Wald umgeben waren, der in Kriesenzeiten für Menschen, Vieh, Hab und Gut einen natürlichen Schutz bot, ist es sicherlich nicht immer zu Plünderungen gekommen, die zu einer Verarmung führten.

Im Jahre 1799 taucht ein Hinweis über die Unterbrucher Schützengesellschaft bei Verres und Lentzen auf. Als es im Jahre 1799 zur Aushebung von Soldaten karm und sich die Anrather wehrten, Junggesellen mustern zu lassen, sollte Pastor Spinnes über den Rhein hinweggeführt werden. Nachdem der Pastor nach Köln geflohen war und die Obrigkeit nichts ausrichten konnte, wurde er unter dem Druck der Dorfbewohner durch den Amtmann Lenders vom Neersener Schloß und anderen Herren wieder in Anrath als Pastor eingeführt. „Die Brüder zogen in Gewer, wie auch die Junggesellen im Dorff und das Spiel vom Bruch und haben herrlich triumbfierth.“ (Verres/Lentzen 171)

Idylle in der Niersniederung

Dieser Hinweis aus dem Jahre 1799 ist bis jetzt der älteste schriftliche Hinweis, abgesehen vom Schützensilber, vom Unterbrucher Spiel.
Trotz der fortdauernden unsicheren Zeiten blieben auch in der Folgezeit die Schützenfeste in Clörath ungestört. Sogar im Jahre 1793, als die österreichischen Truppen in Clörath über die Niers eine Brücke schlugen, fand ein Schützenfest unter dem Schützenkönig Ferdinand Felsches statt.
Auch im Jahre 1794, kurz bevor die Franzosen bei der Burg in Clörath eine Brücke über die Niers schlugen, feierten die Clörather unter dem Schützenkönig Johannes Schager ihr Schützenfest. In diesem Jahr plünderten die Franzosen Anrath und seine Umgebung eine Stunde lang. „Die Dorf und Landbevölkerung war in die Büsche geflohen und hatte ihr Hab und Gut vergraben.“ Die Franzosen schufen im gleichen Jahre neue Verwaltungsbezirke und lösten die Honschaft Unterbruch auf. Es wurde 1798 die Mairie (Bürgermeisterei) Neersen geschaffen, in der Clörath 118 stimmberechtigte Personen zählte.
Der unbeugsame Lebenswille der Bevölkerung des Unterbruches wird in den Jahren von 1736 bis 1794 durch 45 Schützenkönige bezeugt. Bedingt durch die französische Herrschaft fand man offenbar wenig Lust, zwischen 1794 und 1802 Schützenfeste zu feiern. Ab da jedoch finden wir bis 1883 in kurzen Abständen wiederum 35 Schützenkönige, die Zeugnis von einem intensiven Vereinsleben ablegen. Die Pause zwischen 1883 und 1887 ist damit zu erklären, daß es während dieser Zeit zu einem schweren Streit der Unterbrucher Schützengesellschaft kam, zu der ja Clörath, Vennheide, Giesgesheide und Hagwinkel gehörten. Schließlich kam es 1887 zu einer Trennung zwischen Clörath und den anderen Bezirken. Während Clörath eine eigene Schützengesellschaft bildete, schlossen sich die anderen Bezirke dem Schützenbund Vennheide an. Beide Schützengesellschaften behielten den hl. Johannes als ihren Schützenpatron. Nach Berichten alter Leute soll damals der Streit um die Erhebung des Königsgeldes entbrannt sein. Wie aus dem Schützensilber der Clörather zu ersehen ist, stellten die Clörather bis dahin 45 feststellbare Schützenkönige, während die anderen Bezirke nur 15 Schützenkönige aufweisen. Im Jahre 1886 wurde in allen Bezirken zum letzten Male Königsgeld kassiert. Bei Trennung der Schützengesellschaft ging die Fahne mit dem Fahnenschrank nach Vennheide, während die Clörather das Silber behielten. 1888 schafften die Clörather einen neuen Fahnenschmuck für 24,50 Mark, einen neuen Fahnenkopf für 5,70 Mark und ein Futteral für die Fahne für 0,48 Pfennige an. Offenbar wurde schon vorher die Fahne gekauft. Am 17. November 1897 wurden 88 Pfennige für Schreibzeug für die neuen Statuten ausgegeben. Die neuen Statuten traten 1900 in Kraft. Diese Statuten geben einen guten Einblick auf die Zielrichtung dieser Gesellschaft zu jener Zeit. Daher sollte der volle Wortlaut dem Leser nicht vorenthalten werden:

Getreidemühle des Hauses Clörath um 1965.
Nach P.Vander wurden die Clörather Mühlen bereits im Jahre 1386 erwähnt.

„Statuten der Clörather St. Johannes Schützengesellschaft zu Clörath, Pfarrgemeinde Anrath, Bürgermeisterei Neersen
Von alter Zeit her, hat zu Clörath eine Schützengesellschaft bestanden. Die Zeit des Entstehens ist nicht genau nachzuweisen, jedoch rührt die älteste Silberplatte vom Jahre 1662 her.
Zu dem Schützenbezirk gehört nur der obere Theil Clöraths und zwar von der Grenze des Flöthbaches und der Niers, dann von der Oedter Grenze (An den Schmitzsträuchern, heute Dellen) bis an dem sogenannten Görtzhof (heute Wetters), sowie die Schule und Klaushof (heute Müller), welche noch zuletzt zu dem obengenannten Bezirke gehörte.

§ 1 Der Schützenverein hat den Zweck, durch Aufzüge sowohl die Hebung der kirchlichen Feste in der Pfarre, als den Patriotismus zu fördern.
§ 2 Jeder römisch katholische deutsche Einwohner, Jüngling oder Ehemann des Bezirkes Clörath, sofern er bisher einen unbescholtenen Lebenswandel geführt hat, kann wohlberechtigtes Mitglied des Vereins von seinem achtzehnten Lebensjahre an werden, wenn er sein Königsgeld, welches 40 Pfennig beträgt, bezahlt. Außerdem kann auf Beschluß des Vorstandes jeder unbescholtene in Clörath angesessene Ausländer unter denselben Voraussetzungen Mitglied werden.
§ 3 Wenn ein Mitglied ein oder mehrere Jahre sein Königsgeld nicht entrichtet, so muß er, wenn er wieder an alten Anteil haben will, des in den verflossenen Jahren verweigerte Königsgeld nachbezahlen.
§ 4 Der König und der Vorstand bestimmen die Zeit, wann der Vogel geschossen werden soll. Das Vogelschießen muß in der gewöhnlichen Weise bekannt gemacht werden, nachdem zuvor die polizeiliche Erlaubnis dazu eingeholt worden ist.
§ 5 Nach der Versammlung unter der Vogelstange ist der König verpflichtet, den Anwesenden laut anzukündigen, daß sie zur Abwendung Unglücksfälle gemeinschaftlich ein stilles Gebet verrichten mögen.
§ 6 Nach dem gemeinschaftlichen Gebete werden die Loose ausgetheilt. Ein jeder muß hier seine Losnummer, die er selbst aus einem dazu bestimmten Gefäße nehmen muß, zehn Pfennige bezahlen. Die so gesammelte Summe kommt in die Vereinskaste.
§ 7 Der König hat das Recht und die Pflicht, den ersten Schuß zu thuen, und nach dem Königsvogel zu schießen. Sodann schießen die anderen Mitglieder von Nr. 2 an. Dasjenige Mitglied, welches den Vogel zu Fall bringt, wird als neuer König anerkannt, und der alte König ist all seinen Pflichten entbunden.
§ 8 Derjenige welcher den Königsschoß thut, erhält die gesammelten Königsgelder zur Bestreitung seiner Kosten. Hierfür ist er verpflichtet, eine silberne Platte, welche zwei alte Loth schwer sein muß, sowie Datum und Ortsnamen enthalten muß, dem Verein zu schenken. Der König und die Bürgen sind verpflichtet, die Platte zu kaufen, ferner muß der König beim putzen des Silbers, welches vor dem Fronleichnamsfeste stattfindet und woran sich die Angestellten beteiligen dürfen, die erwachsenen Kosten bezahlen.
§ 9 Der König wählt sich den Vorstand unter der Vogelstange, und zwar zwei Mitglieder für das Silber und zwei für die Fahne. Erstere müssen im obengenannten Bezirke dauernd ansässig sein. Die Bürgen sind verpflichtet, zwei Jahre zu bleiben. Nachdem beim Vogelschießen die vier neuen gewählt sind, gehen die vier ältesten ab und übergeben die Schlüssel von Silber und Fahnenschrank an die beiden folgenden ältesten Bürgen ab.
§ 10 Der Vorstand bestimmt das Vereinslokal, welches auch außerhalb des Schützenbezirkes sein kann,
§ 11 Für die Rechnungsablage, welche jährlich an einem vom Vorstande dazu bestimmten Tage abgelegt werden muß, haben die acht Bürgen zu sorgen, für die fehlende Summe ist der ganze Verein verpflichtet, der Vorstand hat jedoch zu bestimmen, auf welche Art und Weise das Fehlende herbeigeschafft werden soll.
§ 12 Die Bürgen müssen nach den Kirmestagen das Königsgeld von Haus zu Haus abholen und den Betrag dem Könige ausbezahlen. Der König ist verpflichtet, am Abend des letzten Kirmestages an welcher» aufgezogen worden, seine Platte den Bürgern zu übergeben.
§ 13 Aus dem Verein muß ausgeschlossen werden: 1) wer nach seinem Eintritt eine unbescholtene Lebensweise nicht führt. 2) wer mit den Strafgesetzen mehrmals in Conflikt gekommen ist. 3) wer in sittlicher Beziehung sich gegen den Anstand und kirchlichen Bestimmungen vergangen hat. Über den Ausschluß entscheidet die Generalversammlung.
§ 14 Ergänzungen oder Veränderungen der gegenwärtigen Statuten können durch die Generalversammlung beschlossen werden.
§ 15 Streitigkeiten im Verein werden, im Falle eine Einigung nicht erzielt wird, von dem Bürgermeister zu Neersen entgültig entschieden und haben sich die Parteien dessen Schiedsspruch zu unterwerfen. Vorstehende Statuten werden in der heutigen Generalversammlung vorgelesen und zum Zeichen der Genehmigung von den anwesenden Mitgliedern unterschrieben um sie der hiesigen Ortsbehörde zur Genehmigung vorzulegen.
Clörath, den 16. 12. 1900
(Unterschriften teilweise unleserlich) Der Vorstand:
Peter Sassen
Peter Stüttgens
Mathias Jögkes
August Dors
Peter Maaßen
Die Mitglieder:
Heinrich Hax, Johannes Pierkes
Peter Wahlen, Johann Laufen
Theodor Baches, Jakob Schmitter
Johann Hegger, Heinrich Dammers
Heinrich Vervoorth, Josef Rams
August Maaßen, Peter Schmitter

Die Niers, der Fluss unserer Heimat.

Obwohl die neue Satzung der Schützengesellschaft 1900 in Kraft getreten war, kam es zwischen 1896 und 1912 nicht mehr zu Schützenfesten. Allerdings hat zu dieser Zeit das Vereinsleben der Gesellschaft nicht geruht. Offenbar war die Gesellschaft finanziell nicht in der Lage, während der genannten 12 Jahre Prunkfeierlichkeiten durchzuführen. Bezeichnend hierfür, daß nach dem Vogelschießen am 5. Juni 1901 die Kasse nur ganze 2 Pf aufwies. Die Kasse der Clörather Schützengesellschaft wurde insbesondere durch die Kosten für die Musikleute strapaziert.
Während die Anrather Schützengesellschaften kaum lange Anmarschwege vom Vereinslokal zu bestreiten hatten, war dies in Clörath anders. Wenn davon ausgegangen wird, daß mit Musik die Majorität und der König in Clörath zunächst zum Kirchgang und anschließend zu Festzügen oder Prunkparaden abgeholt werden mußte, ergaben sich oft Kosten für Musik für einen Anmarschweg bis zu 10 Kilometer. Gerade dieses Problem bewirkte, daß oft Clörather Schützenfeste mit einem Defizit endeten, das von den Mitgliedern bestritten werden mußte.
Auch in Zeiten, wo keine Schützenfeste stattfanden, war das Vereinsleben der Clörather Schützen von fünf großen Ereignissen während des Jahres gekennzeichnet.
Das Veranstaltungsjahr begann meist mit einem Winterfest beim Gastwirt Hax in Clörath. Mit diesem Winterfest war eine Vollversammlung verbunden, auf der die Veranstaltungen des laufenden Jahres beschlossen wurden. Dieses Winterfest wurde überwiegend auf den Fastnachtsmontag festgelegt. In der Woche vor Fronleichnam fand man sich zu einem gemütlichen Zusammensein beim Vereinswirt Buscher in Anrath zusammen, um das Silber zu sichten und zu putzen. Neben anderen kirchlichen Anlässen war es für die Clörather Schützen eine Selbstverständlichkeit, den Leib des Herrn während des Fronleichnamsfestes zu begleiten. Vor der Anrather Frühkirmes wurde dann der Vogel bei Simons (Märschen) geschossen und unter der Vogelstange beschlossen, ob „aufgezogen“ werden sollte. Dann kam es zu großen Prunkfeierlichkeiten während der Anrather Frühkirmes, wo das Clörather Schützenmilitär zu Pferde aufzog. Von alters her gehörte es zur Tradition, daß im Saale Schmitz an zwei Tagen Tanzveranstaltungen im Rahmen der Prunkfeierlichkeiten abgehalten wurden. Das Veranstaltungsjahr wurde dann mit der Anrather Herbstkirmes abgeschlossen, wo wiederum im Saale Schmitz von den Clörather Schützen „Bälle“ abgehalten wurden.

Haus Clörath soll 1794 zerstört worden sein.
Im Vordergrund die Ruine des Schlosses, die heute noch sichtbar ist.
Die an der Ruine liegende Scheune ist inzwischen abgerissen.

Nach einer 12jährigen Pause feierten die Clörather Schützen 1912 wieder ein großes Schützenfest anläßlich ihres 250jährigen Bestehens. Unter dem Schützenkönig Jakob Schmitter wurden groß angelegte Prunkfeierlichkeiten durchgeführt. Bedingt durch die anschließenden Kriegsjahre ruhte das Vereinsleben der Gesellschaft bis zum Jahre 1919. Für den in der Zwischenzeit verstorbenen Schützenkönig übernahm dessen Bruder, Martin Schmitter, die Königswürde.
Ab 1919 wurde dann mühsam versucht, das Vereinsleben wieder zu aktivieren. Im Jahre 1920 fand in der Gaststätte Hax eine Generalversammlung statt, wozu das bei dem Vereinswirt Buscher gelagerte Silber herbeigeholt und auf seine Vollständigkeit geprüft wurde. Wegen der unsicheren Zeiten die Clörather Bauern waren insbesondere durch die Separatistenzeit sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde beschlossen, das Silber in einem sicheren Tresor der Kreissparkasse in Krefeld zu lagern; das Silber und die Fahne mit den dazugehörenden Schärpen für 1200, Mark zu versichern.
Auch in den schweren Notzeiten, die zudem mit zunehmender Geldentwertung gekennzeichnet waren, verloren die Clörather Schützen den Mut nicht, weiterhin Feste abzuhalten. So wurde 1921 in der Gaststätte Hax zur Fastnacht ein Winterfest abgehalten, wozu die Clörather Landwirte 200 Pfund Weizen stifteten, damit Kuchen gebacken werden konnte. Am 2. Oktober 1921 wurde in Anrath die Fahne der Kleinkempener Schützengesellschaft geweiht, woran 21 Clörather Schützen mit 7 Mann Musik teilnahmen.
Nach dem 1. Weltkrieg kam es erst zur Frühkirmes des Jahres 1922 anläßlich des 260jährigen Bestehens wieder zu einem großen Schützenfest, wo u. a. Bürgermeister Hermanns aus Neersen und Landrat Görg aus Mönchengladbach als Ehrengäste genannt werden.
Die Inflationszeit brachte viele kuriose Geschichten. so auch für die Clörather Schützen.
Während der Spätkirmes 1922 beschloß die Gesellschaft, von dem Kassenbestand in Höhe von 10170,52 Mark eine Gedächtnisschleife zum 260jährigen Bestehen der Gesellschaft zu beschaffen. Fräulein Leniken Fleus aus Krefeld wurde mit der Anfertigung der Schleife zum Preis von 7000, Mark beauftragt. Durch die zunehmende Geldentwertung stieg jedoch bis zur Fertigstellung der Schleife der Preis auf 15685, Mark, der aus dem vorhandenen Kassenbestand nicht bezahlt werden konnte. Daraufhin erklärte sich die Herstellerin bereit, anstatt des Geldes auch Lebensmittel zu nehmen, die dann während einer Generalversammlung von den Clörather Landwirten gestiftet wurden. Die Schleife wurde während des Winterfestes zu Fastnacht 1923 in dem Vereinslokal Buscher in Anrath angeheftet. Hierzu mußte jeder Teilnehmer einen entsprechenden Wetz Mehl und 2000, Mark beisteuern. Es wurden 120 Pfund Mehl gesammelt, wovon 70 Pfund zu je 800, Mark verkauft wurden. Darüber hinaus spendeten die Festteilnehmer 112800, Mark.
Am 7. Mai 1923 faßten die Clörather Schützen während einer Vollversammlung den Beschluß, auch in diesem Jahre wieder am Schießstand der Gesellschaft bei Simons (Märschen) den Vogel zu schießen und zur Herbstkirmes ein Konzert zum Besten der Kirche zu geben. Der Vogelschuß wurde jedoch durch die Besatzungsmacht verboten, so daß am 21. Mai 1923 lediglich ein Konzert mit anschließendem Ball sattfand. Aus den daraus erzielten Einnahmen in Höhe von 260300, Mark wurden der Anrather Kirche 100000, Mark zugeführt. Um den Kassenbestand der Gesellschaft in Höhe von 906540,51 Mark wertbeständig anzulegen, kauften die Clörather Schützen 425 Pfund Roggen zum Preise von 800000, Mark und 300 Einlaßkarten für 91000, Mark. Der Roggen wird als Kassenbestand bis 1925 geführt, wo er dann für 44,62 Mark verkauft wurde.

Allianzwappen von Brienen – von Büren, aufgenommen an der Mauer von Haus Clörath im Jahr 1965.
Brienen: in Silber ein rotes Einhorn, das sich auf dem Helm wiederholt.
Büren: in Rot ein silberner, doppelt gezinnter Balken. Auf dem Helm zwei Keulen; der Wappenstein zeigt dagegen über einem Wulst einen bänderverzierten Hut.
Das Herzschild gibt das Wappen der Clörland wieder: zwei (blaue) Querbalken auf Silber.
(P.Vander)
Der Wappenstein wurde aus der Ruine des Hauses Clörath ausgebaut und befindet sich heute an der Außenwand des Hauses Stockum.

Am 2. März 1925 beschloß die Gesellschaft, eine neue Fahne zu kaufen. Sie beauftragte 8 Mitglieder, nach Kevelaer zu fahren, dort Fahnen zu besichtigen und eine Bestellung aufzugeben. Die für 68, Mark gekaufte Fahne wurde am 17. Mai 1925 geweiht. Die Fahnenweihe begann nach einem großen Zapfenstreich am 16. Mai mit dem Festgottesdienst am 17. Mai 1925 unter Beteiligung aller Anrather Schützenvereine und anschließender Nagelung der Fahne bei Jean Schmitz durch Pastor Hack und Bürgermeister Neusen. Nach einem großen Festumzug unter großer Beteiligung Anrather und auswärtiger Vereine wurden am Abend die Festlichkeiten mit einem großen Ball bei Wilh. Schmitz beschlossen. Wegen dieser Feierlichkeiten kam es während einer Generalversammlung am 20. Mai 1925 zu großen Auseinandersetzungen, da verschiedene Mitglieder die Meinung vertraten, daß das Fest zu groß angelegt worden wäre. Grund der Auseinandersetzungen war ein Defizit der Kasse in Höhe von 223,01 Mark. Dieser Fehlbetrag wurde auf die Mitglieder umgelegt und auch bezahlt.
Nach dem Vogelschießen am 1. Juni 1925 mußte eine Versammlung einberufen werden, weil der bisherige Saalwirt Wilh. Schmitz für die Tanzveranstaltungen am 14., 15. und 16, Juni für je Tag 100, Mark an Miete forderte. Die am gleichen Abend geführten Verhandlungen mit dem Wirte Wahlen ergaben, daß dieser sich bereit fand, in seinem Hofe ein Zelt aufstellen zu lassen und auch die Kosten für Musik zu übernehmen. Wie der Chronist bemerkte, entstanden der Gesellschaft aus diesem Schützenfest keine Einnahmen und auch keine Ausgaben.
Die Finanzlage der Gesellschaft erlaubte es den Clörather Schützen, daß sie am 22. Februar 1926 beim Schreiner Wahlen aus Anrath einen Fahnenschrank für 137, Mark und bei Helling einen Spiegel für 97,50 Mark kaufen konnten.
Obwohl es in den folgenden Jahren jährlich zum Vogelschuß bei Simons kam, zogen die Clörather Schützen zu Prunkfeierlichkeiten nicht immer auf. In der Chronik werden hierfür verschiedene Gründe genannt. Dem „Uneins“ mit den Anrather Wirten und dem Bürgermeisteramt werden noch Schwierigkeiten wegen der „allgemeinen schlechten Zeiten“ angefügt. Auch schien das Interesse aller Mitglieder der Gesellschaft am Vereinsleben recht unterschiedlich gewesen zu sein. So wurde am 2. Mai 1932 der Beschluß gefaßt, daß die Mitglieder, die den „Zug“ nicht mitmachen wollen, ein Strafgeld von 50 Pf zu zahlen hätten.

Zerstörter Haxhof in Clörath nach der Unwetterkatastrophe von 1891. Bei dieser Unwetterkatastrophe wurde in Anrath 23 Häuser zerstört. 8 Häuer mussten, weil sie vom Einsturz bedroht waren, abgerissen werden. 52 Wohnungen wurden schwer beschädigt. 120 Nebenhäuser lagen zertrümmert am Boden. 500, das waren fast alle Dächer in Anrath, waren mehr oder minder beschädigt. Der Gesamtschaden wurde damals vom Pfarrer Krichel auf 400.000,- Mark geschätzt.

Bis zum Jahre 1936 beschränkte sich das Vereinsleben der Clörather Schützen auf gemütliche Zusammenkünfte während des Winterfestes und das Silberputzen vor Fronleichnam sowie auf Konzerte und Tanzveranstaltungen. Wegen der Schwierigkeiten mit den Anrather Wirten wurde 1935 erstmals das Schützenfest in Clörath abgehalten, indem man neben dem Buscherhof (Adrian) ein Festzelt aufstellte und dort die „Clörather Kirmes“ feierte. Der Festwirt war „Karl von Vennheide“, der die Schützen und Gäste mit „Rhenania“ betreute. In der gleichen Weise wurde auch das Schützenfest in Clörath im Jahre 1936 gefeiert, worüber die Anrather Zeitung über den Hauptfesttag am Montag der Frühkirmes wie folgt berichtet: Schon am frühen Nachmittag begann das Schießen um den neuen Schützenkönig und bald konnte als Meisterschütze der kom. General Matth. Wahlen zum Schützenkönig proklamiert werden. Gegen 6 Uhr ließ der Hauptmann die Schützen im Zelt antreten zur Königsparade, die er auf der Straße am Clörather Postamt (früher Miertz als ländlicher Posthalter heute, erstes Haus hinter dem Bahnübergang links in Richtung Süchteln) stattfand, wo auch die Tribüne für die Ehrengäste und die Schützenkönige errichtet war. Eine große Anzahl Schlachtenbummler, Zuschauer, sowie Photomänner und Presseleute hatten sich eingefunden, um der Parade beizuwohnen.

Quirinus-Wallfahrts-Kapelle in Clörath mit einer alten Inschrift aus dem Jahre 1610:
„Die diesen Bedrueg wandelen wollen herbey. Wollen engedenk sein, deß hilligen Mans seindt frem, zu Dich hab ich geholfen aher Hilff. Das ich nit zu Schaden zu werden.“
Eine Restaturierung der Kapelle erfolgte im Jahr 1966/67.
Nach mündlicher Überlieferung wurde die Kapelle 1610 aus einem Streit der Nachbarhöfe Schager und Kappertz erbaut, den Theis Huisken (Pastor zu Anrath von 1621-1647) beilegte.

Der letzte Schützenkönig Martin Schmitter trug den schönen, historischwertvollen Silberschmuck des Schützenvereins, obschon der General Matth. Wahlen ja jetzt eigentlicher Schützenkönig war. Da war nun guter Rat wertvoll, denn als Schützenkönig die Parade zu kommandieren, ging nicht an. Doch mit salamonischer Weisheit wußten sich die Clörather ausgezeichnet zu helfen. Nachdem alle Ehrengäste, unter denen wir Bürgermeister Hermanns (Neersen) und Beigeordneten Feies, sowie nach altem Brauch und Herkommen Dechant Pfarrer Hack (Anrath) mit seinen beiden Kaplänen bemerkten, die Tribüne bestiegen hatten, ebenso der alte und neue Schützenkönig, konnte die Parade stattfinden, die vom Schützenhauptmann schneidig kommandiert wurde. Das Leibpferd des Generals und Schützenkönigs wurde als Handpferd vom Adjutanten im Paradeschritt an der Tribüne vorbeigeführt und mit einem nassen und einem heiteren Auge nahm er diese Tatsache zur Kenntnis.

Die für den hl.Sabastian gehaltene Figur soll ebenfalls aus der Volkskunst des 15.Jahrhunderts stammen.
Die Figur befand sich ursprünglich in der Quirinuskapelle in Clörath und ist jetzt sichergestellt.

Man muß sich eben zu helfen wissen. Nach der Parade fand im Zelt die feierliche Proklamierung und Einführung des neuen Schützenkönigs und seiner Gemahlin, der Königin statt. Matth. Wahlen ist immer dabei, wenn es gilt die Schützensache zu unterstützen. Und in der Reihe der Clörather Schützenkönige findet sich sein Name nicht zum erstenmale. Aus dem benachbarten Pfarrort Anrath waren zur Feier viele Freunde und Bekannte erschienen, die in echter Volksverbundenheit den Hauptpunkt des Clörather Schützenfestes mitfeierten …“

Der St. Johannes Schützenbund Vennheide
Von Gottfried Daum †1975
Für die nachfolgende Veröffentlichung schulde ich der Familie Heinrich Berger in Vennheide Dank, die mir das alte Archivmaterial und das Schützensilber der oben genannten Gesellschaft zur Auswertung
überließ.
Wie bereits aus den Veröffentlichungen über die Geschichte der St. Johannes Schützengesellschaft Clörath bekannt, hatten die Clörather Gesellschaft und der Schützenbund Vennheide einen gemeinsamen geschichtlichen Ursprung aus dem frühen 17. Jahrhundert. Bis 1886 waren beide Schützengesellschaften unter dem Unterbrucher Spiel („Das Spell von der Schager Heide“) mit der ältesten Schützenplatte von 1662 bekannt.
Durch längere Streitigkeiten trennte sich dann 1886 das alte Unterbrucher Spiel in zwei Schützengesellschaften. So entstanden die St. Johannes Schützengesellschaft Clörath und der Vennheider Schützenbund. Bei der Aufteilung des Sach und Geldvermögens ging das alte Schützensilber nach Clörath und die Fahne nach Vennheide. Außerdem wurden den Clörathern noch 15 Mark zugesprochen. Vennheide behielt sich vor, 2 Silberplatten aus dem alten Silber in Anspruch zu nehmen. Neue Schützengrenzen wurden gebildet. Die Clörather bildeten ihre Schützengrenze ab dem Görtzhof (heute Wolters) bis zum Schmitzstrauch (heute Dellen). Die Vennheider gliederten in ihre Schützengrenze den Bökel, den Bruch, Hagwinkel und Giesgesheide ein.
Im März 1974 wurde nach einer zweijährigen Vorbereitungszeit die Schützentradition wieder „belebt“
und während mehrerer Bürgerversammlungen ein Zusammenschluß der beiden Schützengesellschaften unter dem Namen: „St. Johannes Schützengesellschaft 1662 Clörath/Vennheide“ beschlossen und die vor 1886 gültigen Schützengrenzen hergestellt. Dies bedeutet einen neuen hoffnungsvollen Anfang, der bereits zur Gestaltung des ersten Schützenfestes im Jahre 1975 führte.
Nachdem die Geschichte der St. Johannes Schützengesellschaft Clörath bereits veröffentlicht wurde, bleibt nunmehr nachzuholen, die Geschichte des St. Johannes Schützenbundes Vennheide der Öffentlichkeit zugängig zu machen.
Das „Schützenhäuflein“ beider Gesellschaften war 1881 arg zusammengeschmolzen. So wurde am 29. Mai 1881 mit elf Clörather Stimmen gegen drei Vennheider Stimmen während einer Generalversammlung beschlossen, daß die Vogelstange auf dem Grundstück des Heinrich Klaus (heute Müller), wo der Anpächter Peter Wirtz als Verhandlungspartner auftrat, gegen eine Jahrespacht von 2 Thalern aufgestellt wird.
Mit „Majorität“ wurde am 6. Juli 1884 beschlossen, daß eine neue Fahne angeschafft und die Verhandlungen mit den „Fabriken“ dem Vorstand übertragen werden sollten. Im gleichen Jahre hatte die Gaststätte Wahlen in Anrath der Schützengesellschaft das Vereinslokal gekündigt, und der Gastwirt Vittes Krewinkel in Anrath erklärte sich bereit, der Schützengesellschaft ein neues Vereinslokal zur Verfügung zu stellen.
Die Beschlüsse wurden vom Vorstand gegengezeichnet, dem 1884 angehörten:

Lon Henneßer
Johann Kerstgen
Pet. Born
H. Klaus
Math. Hender
Engelbert Hages
H. Schankweiler.

Haus Stockum war ein Ritterlehen der Abtei Gladbach, das im Laufe der Jahrhunderte an verschiedene adlige Familien der Landschaft verliehen wurde. Das Geschlecht von Hasselholtz erbaute 1619 den malerischen Backsteinbau mit seinen zwei gegenüberliegenden Türmen und den eigenartig vorgekragten achtseitigen Dächern. 1925 wurde das Burghaus wiederhergestellt. (P.Vander)
Haus Stockum liegt zwischen Vennheide und Clörath westlich im Bruch.

1886 kam es dann zur Spaltung des Unterbrucher Spieles nach einer 224jährigen Vereinsgeschichte. Offenbar gab es schon seit 1880 zu grundlegende Meinungsverschiedenheiten in der alten Gesellschaft. Zum Beispiel während einer Generalversammlung am 31. Dezember 1882 wurde in einer Kampfabstimmung beschlossen, daß als neue Mitglieder nur kölnisch Katholische in die Schützengesellschaft aufgenommen werden. Obwohl keine schriftlichen Unterlagen vorhanden sind, wird von alten Schützenbrüdern erzählt, daß die Trennung wegen Schwierigkeiten bei der Erhebung des Königsgeldes außerhalb Clörath entstanden sei. Aufschluß könnte eine Notiz vom 7. Juni 1887 geben, die lautet: „ .. wurde vorn Vorstand der Vennheider Gesellschaft beschlossen, die an Clörath zu zahlenden 45 Mark durch freiwillige Zeichnungen aufzubringen.“ Außerdem konnte über eine neue Satzung keine Einigkeit erzielt werden. Ein wörtlicher Protokollauszug von der Generalversammlung vom 6. Juni 1886 lautet:
„Trennung der Schützengesellschaft von Clörath, Vennheide, Gisgesheide, Bökel, Hagwinkel.
Die zusammen geschmolzene Schützengesellschaft gerieth in Streit über ein aufgestelltes Vereinsstatut, welches die Clörather nicht anerkennen wollten. Sie trugen jetzt an auf Trennung. Dieselbe kam nun folgendermaßen zustatten. Es wurden 4 Vertreter gewählt, zwei von Clörath und zwei von der anderen Seite, welche dann am 7. Juni im Lokal Krewinkel zusammen trafen, woselbst die Trennung unter folgenden Bedingungen stattfand.
Clörath erhält das alte Silber zurück und eine Platte, welche seit dem Jahre 1880 von Clörather Seite dazu gekommen ist. (pers. Anm.: Johann Lauffen, Clörath, „Hadendüvel“)
3 Platten erhielt der andere Theil. (Anm.: Wilh. Weyers 1880, P. Born vom Bökel 1882, J. Müller von Vennheide 1884)
Silberschrank und Vogelstange erhielt Clörath u. 15 Mark. Dagegen erhielt der neue Theil Fahne nebst Schürpen.
Dieses beglaubigen die Vertreter des neuen Theil:
Ch. Schankweiler, Lor. Henneßer.“
Am 10. Juli 1887 fand vom Vennheider Schützenbund die erste Generalversammlung in der Gaststätte Meimanns in Vennheide statt. Die Clörather Schützen hatten sich inzwischen für das Vereinslokal Buscher in Anrath entschieden.
Hier wurde der Beschluß gefaßt, eine neue Vereinsfahne mit einer neuen Beschriftung anzuschaffen. Bei den Vorstandswahlen wurden für den neuen Verein gewählt: Als Prüfenlant Lorenz Hennefer, als Wiege und Kuffatzführer Karl Laufen, Heinrich Paars als Schriftführer. Als Beisitzer: H. Schankweiler, Jakob Klausen, Math. Stender, Chr. Pfannen, M. Küttmanns, Franz Angenheister. Durch „Majorität“ wurde beschlossen, daß der Verein von jetzt ab St. Johannes Schützenbund heißen soll.
Während einer weiteren Generalversammlung am 19. Juni 1888 in der Gaststätte P. H. Grefertz (Malbauer) wurden als Beisitzer gewählt: Math. Püttmann, Johann Müller aus Giesgesheide, Hein. Schmitz, Adam Fothers, Christ. Plick, Peter Plöcks. Als neuer Vorstand im Jahre 1889 treten auf: Hein. Neckels als Präsident, als Kassierer Ferdinand Bökels, als Schriftführer Peter Grefertz und als Beisitzer die Schützen Hein. Giebels, Hein. Panners, Josef Schnauber, Peter Porn, Wilhelm Peters und Josef Schlüppers.

Kirschhof in Oedt-Hagen hinter den „Schmitsträuchern“.
Dieser 300 Jahre alte Hof wurde von seinen jetzigen Besitzern, der Familie Röhm, in der ursprünglichen Form in den Jahren 1972 bis 1974 wiederhergestellt.

In einer außerordentlichen Generalversammlung am 15. Dezember 1889 wude beschlossen, daß zur Einweihung des Kreuzweges in der Missionskapelle der Schützenbund hilft, das Fest zu verschönern und dabei auf Kosten des Vereins 70 Böller abzubrennen. Hier wird festgehalten, daß der Verein 50 Mitglieder zählt.
Am 4. Mai 1890 wurde eine Generalversammlung einberufen und beschlossen, daß von den Statuten weil diese auf die Dauer nicht haltbar seien abgerückt werden sollte. Der jeweilige Schützenkönig war auch gleichzeitig Präsident, der den Auftrag bekam, daß jeweils von ihm die Silberbürgen unter der Vogelstange mit dem Vorstand auserwählt werden.
Im Jahre 1890 beteiligte sich der Schützenbund an den Jubiläumsfeierlichkeiten des Pfarrers Laurenz Krichel, wogegen er im Jahre 1891 eine Beteiligung an der Gedächtnisfeier für den verstorbenen Zentrumsführer Windhorst ablehnte.
Für den 6. Januar 1891 hatten die Junggesellen Bürgerschützen aus Anrath die Vennheider Schützen in die Gaststätte Dickmann eingeladen, um über die Platzfrage beim allgemeinen Schützenfest zu beraten, wobei die Viersener Straße als die geeignetste bestimmt wurde.
Während der Generalversammlung am 24. September 1893 wurden folgende wichtige Beschlüsse gefaßt:
1. Eine Abteilung sollte anstatt in Grenadieruniformen in Jägeruniformen auftreten. Eine Jägeruniform kostete 1,50 Mark, wozu der Verein für 12 Schützen je einen Zuschuß von 0,50 Pf bewilligte. In der Generalversammlung wurde Unmut darüber geäußert, daß Unzufriedenheit beim „diesjährigen Aufzug“ darüber geherrscht habe, wie der Schützenkönig mit dem „Traktieren“ des Königsgeldes verfahren habe. Der König reagierte mit der Erklärung, daß er sich von nun an um nichts mehr kümmern werde, worauf der Antrag eingebracht wurde, das Amt des Königs von dem Amt des Präsidenten zu trennen. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt.
2. Durch Stimmenmehrheit wurde beschlossen, daß die Firma Wilh. Koch aus Krefeld damit beauftragt wird, 6 neue Schärpen in Cröme und Grün zum Preis von 12 Mark per Stück zu liefern. Am 28. Januar 1894 wurden die Schärpen in der Gaststätte Berger dem Vorstand vorgelegt, angenommen und bezahlt.
3. Dem Agenten Dicker wurde die Schätzung des Vereinsvermögens übertragen, um eine Feuerversicherung abzuschließen. Das Vereinsvermögen umfaßte nach dieser Schätzung 571 Mark, das am 14. Februar 1894 durch die Übergabe einer Police versichert wurde.
Wegen des „schlechten Geschäftsganges“ wurde während der „Vorstandsversammlung“ am 24. April 1894 beschlossen, den Schuß auf den Vogel von bisher 8 Pf auf 5 Pf herabzusetzen, um eine bessere Beteiligung zu erreichen. Heinrich Wefers „verbietet“ sich in der gleichen Sitzung, Gewehre und Munition für nur 5 Pf je Schuß zu liefern. Man einigte sich darauf, daß von der Vereinskasse 3 Pf je Schuß übernommen werden.
Die nächste Generalversammlung wurde am 26. Mai 1895 beim Wirte Johann Grefertz (Malbauer) unter der Anwesenheit von 17 Mitgliedern und drei Vorstandsmitgliedern abgehalten. U. a. wurde beschlossen, daß unter Berücksichtigung der Provinzialversicherung die Utensilien des Vereins beim Wirte Vogt gelagert werden. Der Vogelschuß sollte wie bisher beim Wirte Wefers abgehalten werden. Der Beitrag je Schuß auf den Vogel wurde auf 10 Reichspfennig festgelegt.

Der St. Johannes Schützenbund Vennheide hielt jeweils zu Pfingsten sein Schützenfest auf der Vennheide ab. Leider sind die alten Unterlagen ab 1900 nicht mehr auffindbar, so daß die Chronik des Schützenbundes unvollständig bleibt. Das auch bis1938 ein reges Schützenleben stattfand, zeigt die noch erhaltene Schützenkette, die ab 1900 14 Schützenkönige nachweist.
Nach zunächst erfreulichen Anfängen nach dem Kriege kam es 1954 nochmals zu einem Schützenfest. Der Schützenbund konnte bei seiner Frühjahrsversammlung durch den Vorsitzenden Wilhelm Brons die erfreuliche Feststellung machen, daß 60 aktive Mitglieder zu verzeichnen waren.
Zu einer folgenschweren Entscheidung kam es nach dem Jahre 1955, als der neue Schützenkönig nicht aufzog und deshalb Streit entstand, indem man den Schützenbund auflöste und die vorhandene Kasse unter den Mitgliedern aufteilte.
Erfreulich war zu verzeichnen, daß trotzdem bei der Neugründung der Schützengesellschaft St. Johannes 1662 Clörath/Vennheide auch in Vennheide das Interesse für eine Schützentradition recht groß war und es zum Zusammenschluß der beiden Honschaftsteile Clörath und Vennheide kam.
Inzwischen kann man von einer großen Schützengesellschaft sprechen, die sich zur Aufgabe gestellt hat, zur diesjährigen Frühkirmes nach einer langen Pause wieder die über 300 Jahre alte Schützentradition mit einem Schützenfest aufzunehmen.